BLAULICHT

Mit 100 Sachen und der Polizei im Nacken durch Morsbach gerast

lw; 17.04.2024, 10:34 Uhr
Symbolfoto: OA.
BLAULICHT

Mit 100 Sachen und der Polizei im Nacken durch Morsbach gerast

lw; 17.04.2024, 10:34 Uhr
Waldbröl – 44-Jähriger kommt mit milder Strafe davon – Ohne Führerschein, dafür mit manipuliertem Kennzeichen und Drogen im Blut unterwegs gewesen.

Von Lars Weber

 

Es sind Szenen gewesen wie aus einem Videospiel, die am Dienstag bei dem Prozess gegen den 44-jährigen Oliver O. (Anm.d.Red.: Name geändert) an die Leinwand geworfen worden sind. Gezeigt wurde als Beweismittel ein Video, das aus dem Polizeiauto in der Tatnacht aufgenommen wurde. Hätte der Waldbröler nicht vorher schon alle Vorwürfe eingeräumt gehabt, wäre es danach eng für ihn geworden. Die Kooperation des auch einschlägig vorbestraften Angeklagten hat letztlich auch dafür gesorgt, dass er für das Fahren ohne Führerschein und Urkundenfälschung eine milde Bewährungsstrafe entgegennehmen durfte.

 

Laut Anklage soll der 44-Jährige am 15. September vergangenen Jahres um 1:20 Uhr unter dem Einfluss von Amphetamin auf einer Honda einer Polizeistreife auf der Wissener Straße aufgefallen sein. Auf die Gesellschaft habe der Mann nicht damit reagiert, anzuhalten, sondern stattdessen gab er Gas.

 

Diesen Vorgang zeigte das Video äußerst eindrücklich. Mit Tempo 100 rast die Maschine darin Richtung Morsbacher Ortskern. Auch das angeschaltete Blaulicht der Polizei scheint den Fahrer nicht zu tangieren. Stattdessen sucht er Abkürzungen, um die Verfolger abzuschütteln. An einer Stelle soll er auch über den Vorplatz des Rathauses gedonnert sein, wobei diese Szene nicht von der Polizei festgehalten ist, die lieber auf der Straße blieb. Rund zwei Minuten dauert die Verfolgung im Video, dann wird der Angeklagte in einer Stichstraße gestellt. Ein Umstand, der dem Angeklagten zugutekommen sollte: Die Straßen und Bürgersteige waren samt und sonders menschenleer. Eine Gefährdungssituation für andere habe nicht bestanden.

 

Grundlos soll er die Flucht nach vorne selbstredend nicht angetreten haben. So soll er nicht nur keinen gültigen Führerschein besitzen, sondern die Maschine war auch nicht haftpflichtversichert. Um diesen Umstand zu kaschieren, soll der Mann ein Siegel für das Kennzeichen verwendet haben, das eigentlich zu einem anderen Fahrzeug gehörte.

 

Ohne Umschweife gestand der 44-Jährige alle Anklagepunkt dem Richter Kevin Haase. „Das war keine gute Nummer, die ich da abgezogen habe.“ Zu der Zeit hatte er günstig kaputte Motorräder angekauft, diese repariert und sie dann gewinnbringend wieder verkauft. Obwohl er keinen Führerschein besaß, sei natürlich der Reiz da gewesen, die Maschinen auch zu fahren. Und diesem Reiz sei er dann irgendwann erlegen. Als Konsequenz aus dem Vorfall habe er alle weiteren Motorräder, die er noch hatte, verkauft. Obwohl er gerade „keine größeren Probleme“ mit Drogen habe, schlug er selbst vor, bei einer Strafe als Auflage regelmäßige, selbstbezahlte Drogentests vorzusehen. Das habe schon einmal bei einem Alkoholproblem gut funktioniert. Er wolle nun weg von dem Amphetamin.

 

Dies zeigte: Es war nicht das erste Mal, dass Oliver O. auf der Anklagebank saß. 17 Einträge wies sein Vorstrafenregister auf, das bereits Mitte der 90er-Jahre beginnt. Immer wieder ein Problem: Fahren ohne Fahrerlaubnis. Sogar eine Freiheitsstrafe gab es dafür schon einmal und ist eine Ursache dafür, dass er nach wie vor keine gültige Fahrerlaubnis besitzt. „Was soll ich da machen?“ fragte Richter Haase. „Es ist doch ärgerlich, wegen solchen Sachen ins Gefängnis zu müssen, da gehören doch eigentlich andere rein.“

 

So sah es offensichtlich auch die Staatsanwaltschaft. Sie wertete nicht nur das Geständnis und den Verkauf aller anderen Motorräder für den Angeklagten, sondern auch, dass er die letzte Bewährungszeit erfolgreich durchgestanden hatte. Außerdem stand er – kurz vor dem Vorfall – vor seiner Führerscheinprüfung. Die Möglichkeit, diesen zu machen, wolle die Staatsanwaltschaft nun nicht verhindern.

 

Es wurden sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung beantragt und auch von Richter Haase verhängt. Dazu wird Oliver O. ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt, der ihn dreimal im Jahr unangekündigt und auf Kosten des Verurteilten zur Blutprobe schicken soll. Wenn er innerhalb von drei Jahren positiv auf synthetische Drogen getestet werden sollte, muss er doch noch ins Gefängnis.  „Tun Sie uns einen Gefallen“, sagte Richter Haase am Schluss, „machen Sie den Führerschein, sodass wir hier nicht noch einmal sitzen müssen“.

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